Schlosspark, Alleestraße 34, 18581 Putbus Mo-Fr 10-15 Uhr Sa 10-17 Uhr, So geschlossen

Bedeutung

Bedeutung

Welche Bedeutung hat das Schloss Putbus?

Wer das Kellergeschoss von seiner Grasnarbe befreit und die Steine sprechen lässt, kann sehr viel aus der Vergangenheit von Putbus, der Insel Rügen, Vorpommern, Preußen, Deutschland, Dänemark und Schweden erfahren: Hier war nicht nur der Treffpunkt von Architekten, Künstlern, Wissenschaftlern und Verschwörern, sondern von hier aus machten auch Minister und Könige Politik. Nach Putbus selbst führen noch viele alte gepflasterte Straßen, denn im Schloss - genauer in der einstigen fürstlichen Bauverwaltung - wurden nicht nur die Genehmigungen für den Bau vieler Villen, Hotels und Pensionshäuser in den Seebädern Binz oder Sellin unterzeichnet. Von hier wurden auch die "Weichen" zur infrastrukturellen Erschließung vieler Orte der Insel gestellt. Mit dem einsetzenden Fremdenverkehr gab man aber auch dem notwendigen Schutz der Natur eine entsprechende Gewichtung und wies Naturschutzgebiete aus, noch bevor ein staatlicher Schutz erfolgte.

Die politische Beutung

A Schweden Gustav IV Adolf   A Schweden Bernadotte

Das Putbus zum Treffpunkt des Adels, des Hochadels und des aufstrebenden Bürgertums wurde, liegt in der Begründung des Ortes als erstes Seebad der Insel. Zudem verfügte  der Ortsgründer Fürst Wilhelm Malte zu Putbus über zahlreiche Kontakte zu den verschiedenen Ständen. Es ist die Zeit nach Aufklärung und der napoleonischer Ära, die auch gesellschaftlichen Wandel brachte. Dazu kam das geografische Ergebnis einer geopolitischen Neuordnung im Zuge des Wiener Kongresses im Jahre 1815. Für Putbus auf der Insel Rügen verändert sich die Gebietshoheit von Schweden zu Preußen in Abstimmung mit Dänemark. Das erklärt die guten Kontakte Wilhelm Maltes zu Putbus, als Generalgouverneur von Schwedisch-Pommern und später Neuvorpommerns, zu den beteiligten Königshäusern. Die damit verbundene Bedeutung von Schloß Putbus als Familiensitz und Mittelpunkt einer aufstrebene Residenz wird durch die Besuche von Mitgliedern des holländischen, dänischen, schwedischen und preußischen Königshauses unterstrichen. Die politische Bedeutung von Schloß Putbus hält auch nach dem Tode Wilhelm Maltes als Familiensitz an und verbindet sich nun mit seinem Enkel Wilhelm Carl Gustav Malte. Dies lässt sich nun u. a. an den mehrfachen Besuchen des preußischen Königs und späteren deutschen Kaisers Wilhelm I. sowie des preußischen Ministerpräsidenten und späteren Reichskanzlers Otto von Bismarck, der in Putbus auch mit den sogenannten "Putbuser Diktaten" die Grundlagen einer modernen Verfassung legte, ablesen. Guten Kontakte bestanden jedoch ebenfalls zum fast gleichaltrigen späteren Kaisers Friedrich III.

B Preussen Wilhelm 03   B Preussen Wilhelm 01   B Preussen Friedrich 3   B Preussen Bismarck

Nach dem Tod des Fürsten Wilhelm im Jahre 1907 bei einem Auslandsaufenthalt in Italien trat zunächst seine Tochter Marie, dann seine Tochter Asta und schließlich sein Enkel Malte von Veltheim - ab 1938 als Malte zu Putbus - das Erbe an. Auch in dieser Zeit verfügte die Familie von Putbus über gute politische Kontakte. So waren der Generalfeldmarschall und Reichspräsident Paul von Hindenburg, der Generalfeldmarschall August von Mackensen sowie der Reichstagspräsident und preußische Ministerpräsident Hermann Göring in Putbus zu Gast.

Kaiserreich Mackensen   Kaiserreich Hindenburg

Die Bedeutung ebbte jedoch selbst nach dem Konflikt mit dem Nationalsozialismus keinesfalls. Nun manifestierte sie sich im Widerstand gegen Adolf Hitler, da zum Freundeskreis Maltes die Offiziere gehörten, die einen Staatsstreich vorbereiteten. Stellvertretend seien an dieser Stelle einer der zentralen Persönlichkeiten Generaloberst Ludwig Beck  genannt, der als neues Staatsoberhaupt vorgesehen war und am Umsturzversuch vom 20. Juli 1944 beteiligt war. Zu den Schlüsselfiguren des militärischen Widerstand gegen Hitler zählte ebenfalls Generaloberst Kurt von Hammerstein-Equord. Er war sowohl in die September-Verschwörung 1938, die Westwall-Verschörung sowie der Zossen-Verschwörung 1939 beteiligt und pflegte Kontakte zu Wilhelm Canaris, Carl Friedrich Goerdeler, als auch Martin Niemöller. Beide Freunde waren Gäste, sowohl im Schloß Putbus als auch im Jagdschloß Granitz gewesen. 

NS Widerstand Kurt von Hammerstein Equord   NS Widerstand Ludwig Beck

Mit dem Schloss Putbus verbindet sich auch DDR-Geschichte. Egon Krenz, letzter Staatsratsvorsitzender und Vorsitzender des Nationalen Verteidigungsrates der DDR, studierte von 1953 bis 1957 am "Diesterweg-Institut für Lehrerbildung" in Putbus. In Band 1 ("Aufbruch und Aufstieg", 2022, edition ost) seiner dreiteiligen Autobiographie schreibt er zum Schloss, dass dessen Existenz bzw,. Nichtexistenz ihn bis heute beschäftigt. Als er 1954 erfuhr, dass der Staat dieses Kulturdenkmal "in alter Schönheit" wiederaufbauen wollte, so Krenz, "regte ich dazu freiwillige Arbeitseinsätze der FDJ an. Putbusser, darunter wir Lehrerstudenten, leisteten Sonntag für Sonntag Aufbaustunden im Schloss und zur Neuerrichtung des Tierparks in der Nähe des Schlosses." Enttäuscht zeigte sich Krenz von der Entscheidung zum Abriss und fährt fort: "Einen Schlossneubau konnte sich die junge Republik ökonomisch nicht leisten." Seine Feststellung, dass die SED das Schloss nicht aus ideologischen Gründen abreissen ließ, erfährt durch neue Erkenntnisse zur Rolle der Denkmalpflege bei "Umbau" und Abriss eine entsprechende Gewichtung.

Die Bedeutung für Wirtschaft, Tourismus und Naturschutz

Von Anfang an hatte das Schloß eine wirtschaftliche Bedeutung - als größter Arbeitgeber von Putbus mit 195 Arbeitnehmern und Ort weitreichender Entscheidungen sowohl auf lokaler als auch auf regionaler bzw. überregionaler Ebene. Hier, wo sich die fürstliche Kanzlei befand, wurden beispielsweise Urkunden ausgestellt, Planungen gemacht, Investitionen festgelegt und der fürstliche Besitz verwaltet.

Der Ausbau der Residenz Putbus, des ersten Seebades der Insel Rügen als Wiege des Rügenschen Tourismus und die Ansiedlung von Handwerkern bzw. Gewerbetreibenden verbindet sich ebenso mit dem Schloß wie die langfristige und die zielgerichtete Entwicklung der späteren Seebäder Binz oder Sellin. Im Schloß, in der Bauverwaltung der fürstlichen Kanzei mussten beispielsweise Bauanträge gestellt und genehmigt werden. Der sich stetig vollziehende Fortschriftt auf dem fürstlichen Grundbesitz zog jedoch auch eine infrastrukturelle Entwicklung nach sich. Diese betraf nicht nur den Ausbau der heute noch bekannten Bäderstraßen und Wege, die sich auf dem Terretorium der Grafschaft Putbus befanden. Sie erschlossen von Putbus aus sternförmig das Putbusser Umland. Aus dieser Zeit stammen noch zahlreiche kopfsteingepflasterte Straßen und Wege mit ihren schmeideeiserne Orts- und Hinweisschildern. Außerdem stellte man hier genauso die "Weichen" zur Entwicklung der Großbahn und der Kleinbahn auf der Insel Rügen und auf dem benachbarten Festland. Daneben erlebte der Hafen Lauterbach seinen Ausbau als Standort für Fischerei, Fischverarbeitung sowie als Wirtschaftshafen mit Eisenbahnanschluß.

Die Gewichtung des Natur- und Heimatschutzes wurde ebenfalls verstärkt. Bereits in den 1920er Jahren wurde auf Veranlassung der fürstlichen Gartenverwaltung im Schloß Putbus erste Gebiete unter Naturschutz gestellt. Beipsielweise gehörten dazu die Baumbestände der Insel Vilm, die Feuersteinfelder der Schmalen Heide, eine Stechpalmengruppe am Mukraner Hülsenkrug oder ein Seeadlerhorst auf der Halbinsel Thiessow bei Prora. Die Grundlagen dafür legte der fürstliche Garteninspektor Carl Günther. 

Die sportliche Bedeutung

Sport Turnvater Jahn

Eher unbekannt dürfte sein, dass auch der als "Turnvater Jahn" bekannte Prof. Friedrich Ludwig Jahn sich aus Anlaß des Geburtstages von Fürst Malte in Putbus einfand. Er erhielt die Erlaubnis mit seinen Turnern am darauffolgenden Sonntag Nachmittag, den 3. August 1817 unweit des Schlosses Putbus öffentliche Turnübungen vor Einheimischen und Badegästen abzuhalten. Das Geschehen fand später seine Bestätigung In einem wohlwollenden Zeugnis des Fürsten Malte vom 30. Juni 1824, dass dieser also Jahn in einer Zeit ausstellte, wo das Turnen verboten und Jahn selbst wegen revolutionärer Umtriebe verdächtigt und bereits einige Jahre inhaftiert war - aus der Haft wurde er schließlich im Frühjahr 1825 entlassen 

Die kulturelle und wissenschaftliche Bedeutung

Mit Putbus und dem Schloß ergeben sich aber auch viele kulturelle und wirtschaftliche Bezüge. So soll an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass Putbus von vielen Künstlern besucht wurde. Beispielhaft sei dabei der Maler, Zeichner und Illustrator Adolph von Menzel oder Caspar David Friedrich genannt. Letzterer wurde von Wilhelm Malte zu Putbus gefördert.

Nicht unerwähnt sei an dieser Stelle auch die Anziehungskraft, die Putbus auf die schreibende Zunft ausübte. Der Schriftsteller und Literaturnobelpreisträger Gerhard Hauptmann widmete Putbus, der Fürstenresidenz der er in seiner künstlerischen Freiheit den Namen "Granitz" gibt, sogar mit "Im Wirbel der Berufung" einen eigenen Roman. Neben ihm weilte übrigens auch der Freiheitskämpfer, Publizist, Autor und Rüganer Ernst Moritz Arndt für längere Zeit in direkter Nachbarschaft zum Schloß, wo einer seiner Verwandten den Hof bewirtschaftete. Daneben sollen die Besuche des niederdeutschen Autors Fritz Reuter und des populären Schriftstellers, Journalisten und Kritikers Theodor Fontane nicht unerwähnt bleiben.

Zu den bedeutendsten Wissenschaftlern, die mit der Familie, dem Schloß und dem Ort verbunden waren, zählt zweifellos auch der Forschungsreisende und Universalgelehrte Alexander von Humbold, der mehrfach in Putbus zu Gast war. In der Architektur stehen Schloß und Ort baugeschichtlich mit dem Klassizismus und Historismus in Verbindung. So wundert es nicht, dass der Maler, Grafiker, Architekt und Baumeister, der beide Baustile wie kein Zweiter in Preußen prägte, Karl Friedrich Schinkel, gleich mehrfach in Putbus weilte und sich mit Ideen auch in dessen Gestaltung einbrachte. Hintergrund dafür war sicher auch die enge Freundschaft zum Berliner Architekten Johann Gottfried Steinmeyer, der Schinkel auf seiner ersten Italienreise begleitete und über 30 Jahre den Aufbau der Residenz in Putbus begleitete.

Eine weitere Bedeutung leitete sich einst auch durch das Inventar ab. Wie im "Buch der Welt" aus dem Jahre 1860 der Hoffmann`schen Verlagsbuchhandlung Stuttgart ausgeführt wurde, verfügte das Schloss Putbus zu jener Zeit über eine reiche Gemäldegalerie im zweiten Stock, welche Werke von zahlreichen berühmten Künstlern - unter ihnen Raphael, Sanzio da Urbino (1483-1520). der als bedeutendster Künstler der italienischen Hochrenaissance gilt, Buonaventura und Teniers - enthielt. Auch waren hier Alterthümer der Insel Rügen zu finden, die bis in die ferne "Heidenzeit" gereicht haben sollen. Ferner gab es eine eigene Bibliothek, die zu dem damaligen Zeitpunkt 10.000 Bände umfasst haben soll. In Bezug auf die Galerie ist auch von mehreren Bildern Caspar David Friedrichs auszugehen. Der pommersche Maler weilte bekanntermaßen mehrfach auf Rügen und damit in Putbus. Auch, dass Fürst Malte zu den Förderern Friedrichs durch Auftragswerke zählte, dürfte heute unzweifelhaft sein, zumal in Friedrichs Loschvitzer Tagebuch ausdrücklich von einer Darstellung "Stubbenkammers für Graf Putbus" die Rede war.

Vom Schloß aus entwicklete sich einst die Idee, mit einem Pädagogium Putbus zum Bildungsstandort zu machen. Nach Auflösung des Staatlichen Pädagogiums (1941) wurde im Schloß aber auch ein Zimmer eingerichtet, welches die Tradition diese Bildungstradition von Putbus reflektierte. Es wurde vom letzten Kurator der Anstalt, Malte Ludoph von Veltheim, Herr zu Putbus bereitgestellt. Dort fanden u.a. Erinnerungsstücke wie eine Jubiläumsbanner (1886) und eine Fahne mit Putbusser Wappen ihren Platz. DIe Putbusser Bildungseinrichtung war u.a. Lebensstation des Reformpädagogen Hermann Lietz, des Schriftstellers Bernhard Trittelvitz, der Literaturhistoriker Alfred Biese, des Präsidenten des Kaiserlicherlichen Patentamtes oder der osmanische Baumeister August Friedrich Carl Jasmund. Die Erinnerungsstücke des Traditionszimmers gingen 1945 verloren.

Mit dem Einzug des sogenannten "Studios 48" nach dem zweiten Weltkrieg wurde das Schloß auch als Vorläufer des Schauspiels von FIlm und Fernsehen in der DDR von Bedeutung.  Die Insel Rügen, wo hunderte Filme gedreht wurden, und Putbus boten damals im Schloß auch eine erste Kunstschule auf. Zur Rolle des später populären DEFA-Schauspielers Jürgen Frohriep bemerkt "DEFA-Sternstunden": "Gemeinsam mit gleichgesinnten Freunden errichtet er im Schloss Putbus das "Studio 48", wo die kleine Darstellertruppe den Menschen aus der Umgebung allabendlich kulturelle Erlebnisse bietet." Die jungen Leute machen später Karriere. Neben Frohrieb gehören zu den Erfolgreichen Schauspielern, Texten und Synchronsprechern u.a. die aus Stettin stammende Annelene Hischer und Fete Pinnow. Auch für den Maler Tom Beyer ist das Schloß Putbus eine wichtige Entwicklungsstation.

Die städtebauliche Bedeutung

Dem Schloss Putbus kommt seit Jahrhunderten eine richtungsweisende Funktion zu. Erst der Wiederaufbau lässt eine gesamtheitliche Betrachtung der Residenz und ein entsprechendes Verständnis von Putbus als baulicher Anlage zu. Ohne dieses dominierende Gebäude verliert die Gesamtplanung der Stadt Putbus ihre künstlerische Einheitlichkeit. So sah es schon Landeskonservator Dr. Heinz Mansfeld im Jahre 1950.

 

Fazit

Obgleich die mit dem Schloß im Zusammenhang stehenden Ereignisse und Entwicklungen der letzten 200 Jahre sich nur anreißen lassen, erklären sie doch, weshalb der Wiederaufbau von Schloß Putbus sowohl für die Insel Rügen als auch für den pommerschen Landesteil MVs und Deutschland von herausragender Bedeutung ist: Ohne diesen bedeutend(st)en Bau in Vorpommern lässt sich die Vergangenheit weder darstellen noch schlüssig erklären. Sein Fehlen in einer Residenz- und Seebadanlage wie Putbus und in der rügenschen Kulturlandschaft  erzeugt sogar Unverständnis, weil die Zusammenhänge nicht mehr schlüssig sichtbar sind oder derzeit vergleichbar aufgezeigt werden können. Diese Bedeutung wieder zu betonen, das Schloß Putbus als Bau von nationaler Bedeutung wiederaufzubauen, ist gerade deshalb eine Frage des Selbstverständnisses für Vorpommern. 

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